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Digitale Identität in Europa: Was eIDAS 2.0 für Unternehmen bedeutet

Verfasst von Frederik Rathmann

Das Wichtigste in 20 Sekunden

Die EUDI-Verordnung (European Digital Identity) schafft einen europaweiten Rechtsrahmen für digitale Identitäten und führt mit der EUDI-Wallet ein sicheres, standardisiertes Mittel zur Authentifizierung ein.

Für Unternehmen bedeutet das:

  • Ab 2027 besteht eine Akzeptanzpflicht für bestimmte Branchen und Plattformen.
  • Die offene, zertifizierte Architektur reduziert Integrationsaufwand, Kosten und Abhängigkeiten von privaten Anbieter:innen.
  • Es entstehen neue Chancen, etwa durch vereinfachte Customer Journeys, sichere digitale Signaturen und EU-weite Interoperabilität.
  • Die Herausforderung: Compliance sicherstellen und gleichzeitig Wettbewerbsvorteile aus der neuen Infrastruktur entwickeln.
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Wir beobachten Markt, Behörden, Trends und technologische Entwicklungen und ordnen diese für Sie ein. Als Digital Business Transformation Partner mit Kernkompetenzen in Cybersecurity, Software Engineering, Strategie und KI prüfen wir fortlaufend, welche regulatorischen Vorgaben nicht nur Risiken, sondern auch Chancen für neue Geschäftsmodelle eröffnen.

Ein aktuelles Beispiel: die EUDI-Verordnung. Sie stammt aus dem Public Sector und ist zunächst ein regulatorischer Rahmen. Doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich: Sie kann zu einem strategischen Wettbewerbsvorteil für Unternehmen werden, wenn Anforderungen rechtzeitig adressiert und Potenziale konsequent genutzt werden.

 

Was ist die EUDI-Verordnung?

Die Europäische Digitale Identität (EUDI) bezeichnet den Rechtsrahmen der EU zur Einführung einer europaweit einheitlichen digitalen Identität. Kernstück ist die EUDI-Wallet, eine digitale Brieftasche für Ausweisdaten und Nachweise. Grundlage bildet die European Digital Identity Regulation, formell Verordnung (EU) 2024/1183 zur Änderung der eIDAS-Verordnung (910/2014), die im April 2024 angenommen wurde und als „eIDAS 2.0“ bezeichnet wird.
Ihr Ziel: jedem EU-Bürger, jeder EU-Bürgerin, allen Einwohner:innen und Unternehmen ein sicheres, freiwilliges und überregional anerkanntes digitales Identitätsmittel bereitzustellen (eur-lex.europa.eu, ec.europa.eu).
Damit sollen grenzüberschreitende Online-Dienste im öffentlichen und privaten Sektor einfacher zugänglich werden, bei gleichzeitiger Kontrolle der Daten durch die Nutzer:innen (eur-lex.europa.eu). Die Wallet ermöglicht Identitäts- und Attributnachweise, digitale Signaturen und eine sichere Datenfreigabe.

 

Die technische Basis: Standards, Open Source, Zertifizierung

Die eIDAS-2-Verordnung schreibt vor, dass die Wallet auf einer offenen, standardisierten und überprüfbaren Architektur basiert:

  1. Open Source Referenzsoftware: Die EU-Kommission stellt eine Referenzimplementierung bereit (Quelle: Europäische Kommission, EUDI Wallet).
  2. Einheitliche Standards und Interoperabilität: Technische Spezifikationen (APIs, Protokolle, Sicherheitsmechanismen) werden durch Durchführungsbestimmungen festgelegt.
  3. Vertrauensaufbau durch Zertifizierung: Wallets benötigen eine EU-weite Sicherheitszertifizierung (Cybersecurity Act) und eine Datenschutz-Zertifizierung nach DSGVO.

 

Was bedeutet das für Unternehmen?

Die Verordnung betrifft Unternehmen zweifach: als Nutzer:innen und als Anbieter:innen.

Akzeptanzpflicht:

  • Private Unternehmen (außer Kleinst- und Kleinunternehmen < 50 Mitarbeiter:innen und < 10 Mio. € Jahresumsatz/Bilanz), die zu starker Nutzerauthentifizierung verpflichtet sind (z. B. in Verkehr, Energie, Finanzwesen, soziale Sicherheit, Gesundheit, Telekommunikation), müssen bis Ende 2027 die EUDI-Wallet als Identifizierungsmethode akzeptieren (Art. 5f Abs. 2, eur-lex.europa.eu).
  • Sehr große Online-Plattformen nach Digital Services Act müssen Wallet-Logins unterstützen, wenn Nutzer:innen dies wünschen (Art. 5f Abs. 3).

Chancen für die Privatwirtschaft:

  • Geringerer Integrationsaufwand dank EU-weiter Standards
  • Mehr Rechtssicherheit durch offizielle Zertifizierung
  • Niedrigere Eintrittsbarrieren für neue Anbieter:innen
  • Transparenz und Kontrolle durch Open Source
  • Standardisierte Userflows

 

Kernfunktionalitäten des EUDI-Wallets

  1. Attributbasierte Verifikation

Anstatt komplette Identitäten offenzulegen, können nur einzelne Merkmale bestätigt werden – etwa „ist über 18“, „hat die nötige Führerscheinklasse“ oder „ist Mitarbeiter:in der Firma XY“. Das schützt die Privatsphäre der Nutzer:innen und erlaubt zugleich hochspezifische, situative Angebote.

  1. Rechtsgültige digitale Signaturen

Mit eIDAS 2.0 werden elektronische Signaturen, die über das EUDI-Wallet ausgelöst werden, EU-weit rechtlich anerkannt. Das eröffnet neue Möglichkeiten für grenzüberschreitende Verträge, digitale Geschäftsabschlüsse und papierlose Prozesse, mit maximaler Rechtssicherheit.

  1. Sichere Datenfreigabe („Verifiable Credentials“)

Nutzer:innen behalten die volle Kontrolle darüber, welche amtlichen Nachweise oder privaten Zertifikate sie teilen, und können diese gezielt und sicher freigeben. Für Unternehmen bedeutet das: schnellere Prozesse, weniger Medienbrüche und mehr Vertrauen in die Nutzer:innenidentität.

  1. EU-weite Interoperabilität

Das Wallet folgt einem einheitlichen europäischen Standard. Damit entfallen nationale Insellösungen, und Services lassen sich einfacher auf ganz Europa skalieren. Wer frühzeitig einsteigt, kann Produkte und Dienste entwickeln, die in allen 27 Mitgliedstaaten sofort einsetzbar sind.

  1. Selbstbestimmung der Nutzer

Im Kern des EUDI-Wallet steht die Idee, dass die Nutzer:innen selbst über ihre Daten verfügen – nicht Staaten, nicht Konzerne. Dieses Prinzip erhöht die Akzeptanz, stärkt das Vertrauen und schafft eine neue Qualität in der digitalen Kundenbeziehung: echte digitale Selbstbestimmung.

Die Funktionalitäten des EUDI-Wallets sind nicht nur technische Details, sie verändern unmittelbar, wie Bürger:innen digitale Angebote erleben. Genau darin liegt der Hebel für Unternehmen: Je attraktiver und vertrauenswürdiger die Nutzung für Menschen wird, desto größer ist die Akzeptanz und desto breiter werden die Anwendungsmöglichkeiten. Aus diesem Zusammenspiel entstehen neue Geschäftschancen, vom kosteneffizienten Onboarding bis zu neuen Services, die bislang an technischen Beschränkungen, regulatorischen Vorgaben oder am mangelnden Vertrauen der Nutzer:innen gescheitert sind.

 

Business-Benefits und Praxisbeispiele

  • Reduzierte Kosten der Authentifizierung: Sichere, einheitliche Lösung senkt Aufwand pro Transaktion.
  • Cybersecurity-Compliance: Grundlage für digitale Abwicklung sensibler Prozesse.
  • Unabhängigkeit von privaten Anbieter:innen: Weniger Abhängigkeit von Drittanbieter:innen, die Daten für Profiling nutzen könnten.

 

Ein Beispiel - der nahtlose Zahlungsprozess

Digitale Bezahlprozesse bestehen meist aus mehreren Schritten und sind oft fragmentiert: Login, IBAN oder Kreditkartendaten eingeben und TAN oder Passwort bestätigen. Jeder zusätzliche Schritt erhöht die Abbruchwahrscheinlichkeit und verursacht Kosten.
Das EUDI-Wallet bündelt Authentifizierung, Attributprüfung (z. B. Altersnachweis) und Zahlungsfreigabe in einem einzigen Ablauf. Unternehmen können diese dann als Journey als „1-Click EU-ID Check and Pay“ vermarkten.

Bürger:innen erleben einen einfachen und sicheren Bezahlprozess, während Unternehmen Conversion steigern, Abbruchraten reduzieren und Prozesskosten senken. Aus einem regulatorischen Rahmen entsteht so ein klarer Wettbewerbsvorteil.

 

Wie wir unterstützen können

Als Digital Business Transformation Partner mit Kernkompetenzen in Cybersecurity, Software Engineering, Strategie und KI begleiten wir Unternehmen dabei, EUDI nicht nur umzusetzen, sondern strategisch zu nutzen.

Wir begleiten Sie von der Bewertung von Chancen, Pflichten und strategischen Optionen über die Umsetzung von Pilotanwendungen und deren Integration in bestehende Systeme bis hin zur Entwicklung maßgeschneiderter Wallet-Services oder Identitätslösungen.

Oder anders gesagt: Wir bauen Ihren Wettbewerbsvorteil, sicher, compliant und zukunftsfähig.