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API only rückt als Zielbild in Reichweite – API first mag helfen

Verfasst von Alexander Käppler
Agenda

Anfang Oktober 2025 – die KI News überschlagen sich. Auf der einen Seite kündigt Google seinen KI-Modus an, auf der anderen Seite macht openAI einen evolutionären Schritt hin zum Betriebssystem und öffnet chatGPT mit seinem App SDK für externe Apps. Zwei Seiten der gleichen Medaille – auf der gesellschaftlichen Seite wird die Abschaffung des eigenen Denkens forciert und auf der anderen, der technischen Seite, erfolgt die Weiterentwicklung von API first zu API-only für alle Unternehmen, die in Zukunft noch „mitspielen“ wollen.

Nun ja, das ist ja im Grunde ist die weitere Umerziehung zur Abschaffung des eigenen Denkens nichts Neues. Das macht Google seit Jahrzehnten, wir sind mittlerweile gut de-sensibilisiert, was eigenes Danken angeht. Egal, ob Telefonnummern, Geburtstage oder Adressen – vieles speichern wir in unseren Devices und überlassen das „Denken“ der Maschine, Ob Anrufen per Voice-Steuerung „OK Google, ruf Mama an“ oder „OK Google, navigiere mich nach Hause“ – selbst für kleine Aufgaben strengen wir nicht mehr das eigene Hirn an, sondern lagern das Denken in die Software aus.

Gleiches passiert auch mit Passwörtern, by the way. Wer kennt denn noch seine Passwörter aus dem Kopf? Durch zahlreiche Bedrohungen und die mediale Gewichtung der Gefahr von Phishing, Trojanern etc. legt uns nicht nur 2-Faktor Authentifizierung nahe, sondern auch die Nutzung von Passwortmanagern. Es reicht das Masterpasswort, alles andere ist im Tool gespeichert. Geht das kaputt oder wird geleakt ist zum Glück gleich alles auf einmal weg. Man kann dann nur noch hoffen, dass die Passwort-vergessen Funktion funktioniert.

 

Auswirkungen auf Content/ SEO-Agenturen und Klickbasierte Geschäftsmodelle

Schauen wir einmal auf die Business-Seite der KI-Revolution und auf das, was durch den KI-Modus passieren wird und bereits in vollem Gange ist.

Google AI Overviews (ehemals Search Generative Experience, SGE) wird erweitert werden in Richtung Generative Engine Optimization (GEO). Das führt zu noch mehr „Zero-Click-Suchen“ – die Antwort steht schon auf der SERP, was die Geschäftsmodelle von Verlagen und Content-Providern weiter unter Druck setzen wird. Alleine die CTR (Clickthrough Rate) hat sich damit in 2025 um knapp 35% reduziert. Das wird massive Auswirkungen auf die Werbeerlöse der Content-Plattformen haben und letztendlich dazu führen, dass es nur noch wenige kostenfreie Inhalte im Netz geben wird. Vieles wird hinter einer Paywall verschwinden oder gar nicht erst produziert werden. Um dennoch relevant für Google und die verschiedenen KI-Plattformen zu bleiben, wird es nur den Weg geben, wesentliche Inhalte per API oder Feed für die KI-Plattformen bereitzustellen und sich im Gegenzug dafür bezahlen zu lassen. Ob nur für Training oder direkter Online-Suche bleibt abzuwarten - Reddit ist diesen ersten Schritt bereits Anfang 2024 gegangen.

In Kombination mit der gerade erst vorgestellten ACP (Agentic Commerce Protocol) von Stripe und openAI wird sich auch das Onlineshopping verändern. Alles geht im Chat, bis hin zum Checkout und der Bezahlung. Wer hier keine API anbietet und API-Kompetenzen in seiner System-/IT-Landschaft anbietet, hat bereits jetzt verloren.

Auch wird im Kontext Online-Shopping die Nutzung von KI als „Option der Personalisierung“ oder gar der Befriedigung der Kundenwünsche nach Hyperpersonalisierung betrachtet – leider doch etwas zu flach verstanden, denn das ist mehr als Newsletter- oder Chatbot-Personalisierung.

Hyperpersonalisierung ja, wenngleich dieses Kundenbedürfnis („personalisierte Produkte und Angebote“) sich im Wesentlichen auf das Produkt bezieht, nicht „nur“ auf die individuelle Kommunikation. Ein toller Chatbot oder Agent, der durch das Sortiment guided und ggf. Produkte kuratiert, ist dabei nur der Anfang. Einfache und vorstrukturierte Dialoge und Filterungen hatten wir schon vor 20 Jahre, damals nannte man das „guided selling“. Der hier nötige Schritt ist die Hyperpersonalisierung der Produkte, die Individualisierung dessen, was der Kunde letztendlich nutzt bzw. haben will. Die Beratung des Kunden ist da nur ein Schritt in der Customer Journey und damit in seiner User Experience – doch die startet mitnichten erst im Shop, und endet auch nicht mit der Bezahlung.

 

API only – sinnvolles Zielbild oder Dystopie?

Mit Blick auf die bereits geschriebenen Gedanken bzgl. API first, stellt sich mir aktuell die Frage, ob es nicht sogar in Richtung API onyl geht?

Skizziert man das Szenario, welches wir aktuell vorfinden, etwas weiter, dann braucht es meiner Meinung nach bald gar keine klassischen UX-Designs für Webseiten oder Online-Shops mehr, oder?

Im Kontext KI entstehen nicht nur Agenten, die einzelnen Aufgaben erledigen können, sondern es gibt komplette Agenten-Systeme, wobei ein Agent mit einem anderen Agenten interagiert, um auch komplexere Aufgaben zu lösen. Kommt jetzt noch, wie bereits antizipiert, die Nutzung externer Agenten zum eigenen Agenten-System hinzu, wozu braucht man dann noch einen eigenen Shop, eine eigene Customer Journey oder eine eigene emotionalisierte Hersteller-Marke? Reicht es nicht aus, ein personalisiertes Produkt zum besten Preis anzubieten und zu liefern?

Ich denke da gerade an Amazon. Mein Blick auf die Marke des angebotenen Produktes richtet sich immer weniger auf die Marke und auch immer weniger auf den Hersteller bzw. Versender. Im Grunde entscheide ich mich selbst bei offensichtlicher China-Ware für den Kauf, weil ich weiß, wenn es schief geht, haftet Amazon mit seiner Marke und tritt für mich ein. Damit ist nicht der Hersteller der Ankerpunkt, sondern die Marke des Sellers oder Marktplatzes.

Gleiches wird sich bei KI und Agenten einstellen. Wenn der Nutzer der Plattform vertraut, wird er die Agenten nutzen und das bis in seine Brieftasche bzw. zum Instant-Checkout. Hier hat gerade Stripe die Zusammenarbeit mit openAI intensiviert. Gemeinsam bieten sie ein Protokoll an, welches in eine Chat-Plattform integriert werden kann, um dadurch neben dem Warenkorb auch den Bezahlvorgang abbilden zu können. Damit braucht es keinen Shop mehr, ein Chat reicht aus. Das hat man dann im Grunde die „Beratung“ und den „Kauf“ tatsächlich personalisierbar in einem Interaktionsmodell abgebildet.

Auch der Blick auf das gerade von openAI vorgestellte App SDK zeigt ebendieses Bild. Im ersten Schritt will openAI in ChatGPT mit externen Apps „kommunizieren“, d.h., deren Angebote abrufen, durchsuchen, auswerten und innerhalb der ChatGPT-UI darstellen können. Den Anfang machen dabei Apps (Anbieter) wie Booking, Expedia, Spotify und weitere. Wird openAI so konsequent sein, wie bisher, wird im nächsten Schritt nicht mehr erkennbar sein, mit welcher externen App kommuniziert wird, es wird wahrscheinlich auch kein eigener Login bei den externen Anbietern mehr nötig sein um kostenpflichtige Dienste zu nutzen – alles wird, wie bei einem zentralen Betriebssystem – in ChatGPT aggregiert und zentralisiert (ich erinnere mich da irgendwie an WeChat – ist doch alles gar nicht so neu, was da passiert, oder?). Diese Stategie führt auf lange Sicht dazu, dass Anbieter jeglicher Couleur noch mehr zu reinen Fulfilment-Dienstleistern oder Content-Generatoren entwickeln, die eigene Marke wird dann auch im digitalen Ökosystem irrelevant.

ChatGPT hat mit dem App SDK Angebot die Türe geöffnet, ebenso wie Amazon oder Apple, ein Ökosystem zu schaffen, aus dem es (ohne eigenes Denken) für den Endkunden und anbietende Unternehmen kein Entkommen mehr geben wird. Take it or leave it – the winner takes it all.

Wesentliche Voraussetzung allerdings dafür, als Unternehmen oder Anbieter, in der Liga mitspielen zu können, sind grundlegende Fähigkeiten, die es aufzubauen oder zu nutzen gilt.

Unternehmen der Digitalwirtschaft sollten jetzt 3 Dinge tun, um nicht abgehängt zu werden.

 

API first – Keine API, keine Chance

Oft genug schon beschrieben, die Chat-Plattform braucht den Zugang zu den Produktinformationen, Preisen und Angeboten. Den Großteil der eher statischen Daten (Beschreibung, Bilder) kann man wahrscheinlich über eine RAG-Integration per API für die KI zugänglich machen, Preise und Lieferzeiten sind eher dynamisch anzubinden über Echtzeit-Schnittstellen. Heißt konkret: Daten müssen fließen, am besten automatisiert.

Im gleichen Zusammenhang – nutzt man keine generische Chat-KI-Plattform, so müssen die bereits vorhandenen Plattformen wir bspw. ChatGPT oder Perplexity oder auch Google Zugang zu den Daten und zu den Interaktionsmöglichkeiten bekommen. Dazu braucht es öffentlich zugängliche Schnittstellen. Wer noch keine öffentlichen APIs hat oder alles hinter Logins oder Tokens versteckt, wird hier alsbald das Nachsehen haben. Selbst beim reddit-Weg, den KI-Plattformen die Inhalte für Training oder Konsum gegen Bezahlung anzubieten, wird nicht dauerhaft standhalten – dazu ist die KI-Macht schon zu groß, bzw. die der Anbieter auf mittle Sicht zu klein.

Doch nicht nur die API ist essenziell, auch deren Funktionsumfang, Aktualität, das Management und deren Dokumentation. Falls es keine eigene KI-/Chat-Plattform gibt, dann muss diese API alle unterschiedlichen Anfragen abbilden und beantworten können – und diese API muss gut, mit validen Beispielen und öffentlich zugänglich dokumentiert sein.

 

Content – LLM und Knowledge Graph als verlässliche Kombination

Mit Content ist dem Zusammenhang nicht zwingend nur der Produkt-Content gemeint, sondern auch die Art und Weise der Kommunikation, der Stil, in welchem die Kommunikation zwischen Kunde und Chat(bot) erfolgen soll. Eine Herausforderung liegt darin, schön strukturierte Datenbanken in Fließtext zu transformieren, da dieser von der KI im Lernprozess wesentlich besser verstanden wird. Das kann man manuell herstellen, mit KI-Unterstützung, oder man nutzt sogenannte Knowledge-Graph Realisierungen, über welche die Datenbank als strukturierte Daten eingespeist werden. Die Kombination von LLM mit Knowledge Graph liefert dann die besten Ergebnisse.

Eine weitere Herausforderung ist die Art und Weise der Kommunikation, sofern eine eigene Chat(Bot)-Plattform angedacht ist. Das ist bereits heute lösbar, indem man den Stil der Kommunikation in Texten festhält, als würde man mit dem Kunden selbst sprechen (Quellen dafür können transkribierte Hotline Gespräche oder Support-E-Mails sein), und diese dann über RAG-Mechanismen und Technologien der KI zum Training zur Verfügung stellt. Die KI lernt dann durch diese Texte, wie das Unternehmen oder der Shop mit Kunden „sprechen“ würde und adaptiert dies in den Antworten im Chatbot.

 

Integration – wieder diese Schnittstellen

Die dritte Komponente ist die Integration der KI-/Chat Plattform in die eigenen Systeme bzw. das eigene Management. Allein die Bestellung von Produkten oder Dienstleistungen ist auch hier nur ein Baustein in der Kundenerfahrung. Danach kommt die Verbuchung, die Logistik und ggf. die Retoure. Das alles sollte, wie auch bisher, in stabilen, revisionssicheren Backend-Systemen erfolgen, wohingegen die Kundenkommunikation schnell adaptierbar und flexibel gestaltbar sein muss. Um dem Gerecht zu werden, ist es folglich nötig, die Daten der Bestellung (Produkt, Kunde, Lieferoptionen, Bezahl-Status etc.) in das Backend einspielen zu können. Zack, nächste API oder zumindest Importer oder sonstige Art der automatischen Anbindung.

Glaubt man also an den Siegeszug der Agenten, muss man meiner Meinung nach auch an den API-only Ansatz glauben, sofern man noch ein eigenes Business hat. Alternativ kann man sein Handels-Geschäft an den Nagel hängen und Hersteller werden – was so gesehen eh eine gute Idee ist. Eine eigene Marke spielt immer weniger die Rolle, wichtig ist ein Produkt/ eine Produktpalette, welche preiswert, personalisierbar und skalierbar produziert werden kann.

Gesellschaftliche Betrachtung – der Verlust des eigenen Denkens führt zum Verlust kognitiver Fähigkeiten und damit dem Verlust zur kreativen Lösungsfindung.

Die größte gesellschaftliche Herausforderung besteht aus meiner Sicht in der Frage der Informationsverlässlichkeit. Wenn uns mit „Zero-Click-Ergebnissen“ zufriedengeben und nicht mehr hinterfragen, was wir da eigentlich konsumieren und wenn wir uns zusehends und oft unwissentlich in einer (social Media) Bubble einfangen lassen, dann wächst die Macht der Big-Tecs ins Unermessliche. Davor habe ich die größte Angst. Das Unwahrheiten und Fake-News oder irgendwelche anderen Inhalte an Gewicht gewinnen und dadurch Gesellschaften, Länder oder Gemeinschaften steuern und manipulieren. Wie gesagt, wir wurden ja seit Jahren schon darauf trainiert, das selbständige Denken immer mehr zu vernachlässigen – sind Agenten und KI-Agenten-Systeme der nächste Schritt zur Willenlosigkeit und wie wirkt sich die Gleichung Denkverlust = Kontrollverlust auf Gesellschaft und Manipulation aus?

Ich hoffe, dass die Studie des MIT Gehör und Beachtung findet. Eine Kernbotschaft ist: zu viel KI-Nutzung lässt uns verdummen und die kognitiven Fähigkeiten der Menschen nehmen ab. Gar keine Nutzung lässt uns hinter die Möglichkeiten fallen, wir sind zu ineffizient und damit nicht mehr wettbewerbsfähig.

Es ist im Grunde wie mit allem – die Dosis macht das Gift. Wir sollten uns nur dessen Gewahr sein, dass jede Nutzung von KI unser eigenes Denken weniger werden lässt – und darum ist dieser Artikel hier auch noch wirklich selbst geschrieben.

 

Fazit: Zwischen Chance und Kontrollverlust

API only ist mehr als eine technische Strategie – es ist ein Zukunftsmodell für den digitalen Handel. Unternehmen, die Schnittstellen, Content und Integration ernst nehmen, können neue Wertschöpfungspotenziale erschließen.

Gleichzeitig bleibt die gesellschaftliche Frage bestehen: Wie bewahren wir kritisches Denken in einer Welt, in der KI uns Antworten vorkaut?
Die Lösung liegt wahrscheinlich im richtigen Maß: KI als Werkzeug nutzen – ohne das eigene Denken auszulagern.

 

Handlungsempfehlung für Unternehmen der Digitalwirtschaft

  1. Jetzt API-Strategie überprüfen und ausbauen.
  2. Content so gestalten, dass er für KI-Systeme nutzbar ist.
  3. Agenten-Ökosysteme beobachten – und Pilotprojekte starten.